Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
24
I. Der Bauernstand sonst und jetzt.
damit seine Macht nicht vermehren konnte, sondern ihn immer mehr
vermindern sah. Nach dein großen Kriege hatten die großen Herren
die entvölkerten, wüsten Strecken entweder ohne weiteres in^Besitz
genommen oder für ein Spottgeld erworben oder sich doch das Vor-
kaufsrecht gesichert. Immer größer wurde der Adels-, immer kleiner
der Bauernbesitz. Mancher Bauer wurde ohne viel Federlesen gelegt,
d. h. aus seinem Besitz verdrängt, der dann den Gütern zugeschlagen wurde.
In Mecklenburg verschwand so die Hälfte aller Bauernstellen und
wurde zu Rittergütern zusammengelegt. Die Bauern gerieten nach und
nach in völlige Knechtschaft, wie sie sich auch wehrten und sträubten.
Die Herren hatten Polizei und Rechtspflege in den Dörfern und wußten
in der Regel über die Bauern obzusiegen. Um die Staatsgewalt zu
stärken und auch dem Bauern zu seinem Rechte zu verhelfen, richtete
der Kurfürst die Landratsämter für die einzelnen Kreise ein.
Immer seltener wurden dadurch die Klagen über Gewalttaten.
So schuldet der Ssaueiiiftcmi) dem Großen Kurfürsten mannigfachen
Dank. Noch manches erinnert uns heute an den edlen, weitblickenden
Fürsten. Auf der langen Brücke in Berlin steht sein Denkmal in
Erz. Er sitzt hoch zu Roß, und seine Feinde liegen gefesselt zu seinen
Füßen. Bei Fehrbellin ist ihm ein Denkmal zur Erinnerung an
den großen Sieg über die Schweden am 18. Juni 1675 errichtet.
In Berlin ließ er die Linden anpflanzen, die heute die schönste Straße
beschatten. Auch das erste Straßenpflaster und die ersten
Straßenlaternen rühren aus feiner Zeit. In der Residenz des
Kurfürsten sah es damals schrecklich aus. An Schutthaufen und Brand-
stätten war kein Mangel. Die Schweine liefen auf den Straßen um-
her und wühlten tiefe Löcher. Zn Hofe ging man durch den Schlamm
und Schmutz auf Stelzen. Unter dein Großen Kurfürsten erschien die
erste Zeitung in Berlin. Er schuf das erste stehende Heer, die
erste Flotte und die ersten Ansiedlungen in Afrika. Die Post,
die heute die Welt umspannt, richtete er in Brandenburg zuerst
als Reitpost ein, d. h. Reiter beförderten Briefe, Geld und Pakete
von Ort zu Ort. Durch den Friedrich-Wilhelmskanal verband
er die Oder mit der Spree, damit die Schiffe von Breslau bis Hamburg
fahren konnten. Die vielen französischen Namen in Berlin erinnern
daran, daß der Kurfürst viele vertriebene französische Protestanten in
seinem Lande aufnahm. Sie hoben das Kunstgewerbe, das Handwerk
und den Handel. Zu seiner Zeit lebte als Geistlicher in Berlin Paul
Gerhardt, der größte Liederdichter der evangelischen Kirche. In einer
48jährigen Regierung gelang es dem trefflichen Fürsten, die Wunden
des Krieges zu heilen, seine armen Untertanen zu beglücken, die ge-
trennten Landesteile Brandenburg, Preußen und Kleve zu einem
Ganzen zu vereinigen und sich vom Kaiser ziemlich unabhängig zu
machen. Klug wußte er zu wägen und tapfer zu wagen. Sein Wahl-
spruch hieß: '„Gott meine Stärke!" Sein kriegerischer Helfer war der
„alte Derflinger", seine vertraute Beraterin die Kurfürstin Luise
Henriette. Seine größten Wafsentaten waren die Schlachten bei
Warschau gegen die Polen, wodurch er im Frieden von Oliva 1660
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Paul
Gerhardt Luise
Henriette
Extrahierte Ortsnamen: Mecklenburg Berlin Schweden Berlin Berlin Afrika Brandenburg Breslau Hamburg Berlin Berlin Brandenburg Warschau Polen Oliva
Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
34
I Der Bauernstand sonst und jetzt.
Amtmauu fanb Gefallen an dem strebsamen Jüngling uitb nahm ihn
als Schreiber in seinen Dienst. Als solcher hatte Schubart viel mit
der Landwirtschaft des Amtmanns zu tun und erhielt manchen Wink
über einen zweckmäßigen Bodenanbau. Daneben las er viele gute
Schriften, die er überall aufzufinden wußte. Nach einiger Zeit kam er
als Hailshofmeister zu dem kursächfischen Gesandten am Wiener Hofe.
Hier öffnete sich ihm ein weites Feld für seine weitere Bildung und
Tätigkeit. Er machte Bekanntschaft mit ausgezeichneteil Männern,
arbeitete mit rastlosem Eifer und tat viel Gutes. Durch seine außer-
ordentliche Tätigkeit, tlnlsicht und Geschäftsgewaildtheit sammelte sich
Schubart einiges Vermögen, so daß er sich das Rittergut Würchwitz
bei Zeitz und später noch zwei andere Güter kaufen konnte. Was er
in seinem früheren Wirkungskreis beobachtet hatte, nahm er hier wieder
auf, und fortall lebte er nur für Verbesserung der Landwirtschaft,
deren Reformator er genannt werden kalin.
Nach der damaligen Dreifelderwirtschaft lag ein Drittel der Felder
als Brache unbenutzt, weil man der Ansicht war, die Ruhe erhöhe die
Kräfte und ersetze beit Dünger. Schubart führte die Bebauung der
Brache mit Klee nnb anderen Futtergewächsen ein. Das gewonnene
Futter setzte ihn in den Stand, den Viehbestand zu erhöhen und die
Stallfütterung anzuwenden. Dadurch wurde der Dünger vermehrt,
und durch eine bessere Düngung des Ackerfeldes wurde letzteres trag-
fähiger gemacht. Dies war ein Fortschritt von großer Tragweite,
lnaßgebend für unsere ganze heutige landwirtschaftliche Entwicklung.
Im Jahre 1782 beantwortete Schubart die von der Berliner
Akademie der Wissenschaften aufgestellten Fragen über den Anbau der
Futterkräuter. Er gewann damit den ausgesetzteil Preis von fünfzig
Dukaten und begründete hierdurch feinen Ruf als landwirtschaftlicher
Schriftsteller. Seine Preisschrift ließ er unter denl Titel: „Zuruf
all alle Bauern, welche Futtermangel leiden", unentgeltlich verteilen.
Sie fand schnell Verbreitung und Beifall, und die Zahl feiner Freunde
und Anhänger wuchs von den Bauern hinauf bis zum Fürsten.
Seine Grundsätze wirkten bessernd und fördernd auf die Landwirtschaft.
Schubart legte durch seinen Kleebau den Grundstein zur Wohlfahrt
der Bauern, weshalb er auch 1784 unter Beilegung des Namens
„Edler von Kleefeld" vom Kaiser Josef Ii. in den Adelstand er-
hoben wurde.
Rastlos war Schubart bis an das Ende seines Lebens bemüht,
Gutes zu stiften. Er starb, reich an Titeln und Ehren, am
23. April 1787.
Nach I. Loeser u. A. Richter aus dem Lesebuche vou Ehrecke u. Hammermann.
15. Albrecht Daniel Thaer.
Albrecht Daniel Thaer, der Begründer der neueren Landwirtschaft,
wurde am 14. Mai 1752 als ältester Sohn des kurfürstlichen Leib-
arztes Friedrich Thaer zu Celle in Hannover geboren. Da er in
seiner Kindheit kränklich war, erhielt er den ersten Unterricht durch
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Extrahierte Personennamen: Schubart Schubart Schubart Schubart Schubart Josef_Ii Schubart Albrecht_Daniel_Thaer Albrecht Albrecht_Daniel_Thaer Albrecht Friedrich_Thaer Friedrich
Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
352
Xii. Gesetz und Recht.
Die römisch-katholische Kirche, deren Oberhaupt der Papst mit
dem Kardinalskollegium ist, ist in Preußen in die zwei Erzbistümer
Köln und Gnesen und in zehn Bistümer eingeteilt. Die Wahl der
Erzbischöfe und Bischöfe erfolgt durch die Domkapitel, wobei dem
Könige das Recht zusteht, die nicht genehmen Kandidaten Don der
Liste zu streichen. Unter diesen geistlichen Würdenträgern stehen die
Dekane oder Erzpriester und die Pfarrer.
Die zweite Abteilung verwaltet das höhere und technische Schul-
wesen. Ihr unterstehen die Provinzial-Schulkollegien, welche die Gym-
nasien, Realgymnasien, Realschulen, Seminare und höheren Töchter-
schnlen beaufsichtigen. Für die Universitäten bestellt der Minister
besondere Kuratoren als seine Vertreter.
Die dritte Abteilung für das niedere Schulwesen hat als aus-
führende Behörde die Königliche Regierung. Ihre Aufsichtsbeamten
sind die Schulräte, Kreis- und Orts-Schulinspektoren.
Die Geschäfte der vierten Abteilung werden von den Medizinal-
räten, den Kreisärzten und den Kreiswundärzten wahrgenommen.
6. Das Finanzministerium verwaltet das Staatsvermögen,
stellt den Staatshaushalt fest, der dem Landtage zur Genehmigung
unterbreitet wird, und überwacht die staatlichen Einnahmen und Aus-
gaben. Alle Einnahmen des Staates fließen in die G e n e r a l st a a t s -
kasse. Die Unterabteilungen derselben sind die Regier nngs-
hauptkassen, die Kreis- und Forstkassen. Das gesamte Rech-
nungswesen des Staates wird durch die Oberrechnnngskammer
in Potsdam geprüft.
Reichen die vorhandenen Mittel nicht zu größeren Ausgaben
für große, nutzbringende Unternehmungen, lute Eisenbahn- und Kanal-
bauten, so schreibt der Staat eine Anleihe aus. Über die erhaltenen
Summen stellt er Staatsschuldscheine oder Obligationen aus.
Ihnen werden Zinsscheine oder Coupons beigefügt, die an bestimm-
ten Zinsterminen eingelöst werden. Ein Talon dient zum Eintausch
neuer Coupons. Zeitweise lost der Staat eine Anzahl Schuld-
verschreibungen aus, zahlt den Betrag bar aus intb amortisiert
oder verringert dadurch seine Schuldenlast. Auch konsolidiert
oder vereinheitlicht er zuweilen mehrere Anleihen zu einer. Diese
Papiere werden Konsols genannt. Staatspapiere unterliegen wie
Aktien einem Kurse, d. h. steigen und fallen im Werte. Die preußischen
wie die Reichsschnlden haben eine besondere Hauptverwaltung.
7. Das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten hat die Fürsorge für Landwirtschaft, Fischerei, Jagd-
und Forstwesen und überwacht durch die Bezirksregierungen die
Staatsgüter (Domänen) und Forsten. Ihm unterstehen die Land-
wirt sch afts kämm ern, die Generalkommissionen intb die
Rentenbanken.
8. Dem Ministerium für Handel und Gewerbe liegt ob
die Fürsorge für jede Art Handel und Gewerbe, namentlich für
Schiffahrt, Reederei, Privatbanken und Aktiengesellschaften, Eichungs-
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Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
420
Xiii. Vaterland und Volkstum.
sowie der sonst so hoch gebrachte Kunstfleiß unserer Städte. Die
Freiheit des Pandels ward gehemmt und dadurch die Ouelle des
Erwerbes und des Wohlstandes verstopft. Das Land ward ein Raub
der Verarmung. Durch die strengste Erfüllung eingegangener Ver-
bindlichkeiten hoffte ich, meinem Volke Erleichterung zu verschaffen
und de?? französischen Kaiser endlich zu überzeugen, daß es sein
eigener Vorteil sei, Preußen seine Unabhängigkeit zu lassen. Aber
meine reinsten Absichten wurden durch Übermut und Treulosigkeit
vereitelt, und nur zu deutlich sahen wir, daß des Kaisers Verträge
mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben mußten.
Zetzt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung über
unsern Zustand schwindet. Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pom-
mern, Litauer! ihr wißt, was ihr seit sieben Zähren erduldet habt;
ihr wißt, was euer trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden
Kampf nicht ehrenvoll enden. Erinnert euch an die Vorzeit, an den
großen Kurfürsten, an den großen Friedrich. Bleibet eingedenk der
Güter, die unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften: Ge-
wissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit, Pandel, Kunstfleiß und Wissen-
schaft. Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbün-
deten, gedenkt der Spanier und Portugiesen; selbst kleine Völker sind
für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen
und haben den Sieg errungen: erinnert euch an die heldenmütigen
Schweizer und Niederländer.
Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden; denn
unser Beginnen ist groß und nicht gering die Zahl und die Mittel
unserer Feinde. Zhr werdet jene lieber bringen für das Vaterland,
für euren angeborenen König als für einen fremden perrscher, der,
wie so viele Beispiele lehren, eure Söhne und eure letzten Kräfte
Zwecken widmen würde, die euch ganz fremd sind. Vertrauen auf
Gott, Ausdauer, Mut und der mächtige Beistand unserer Bundes-
genossen werden unsern redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn
gewähren. Aber welche Opfer auch von einzelnen gefordert werden
mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hin-
geben, sür die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht auf-
hören wollen, Preußen und Deutsche zu sein.
Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir bestehen für
unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. Keinen
andern Ausweg gibt es als einen ehrenvollen Frieden oder einen
ruhmvollen Untergang. Auch diesem würdet ihr getrost entgegen-
gehen, weil ehrlos der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir
dürfe?: mit Zuversicht vertrauen, Gott und unser fester Wille werden
unserer gerechte?: Sache de?? Sieg verleihen, ?nit ih??? einen sicher??,
glorreiche?? Frieden u??d die Wiederkehr einer glücklichen Zeit.
Breslau, den \7. März J8\3.
Friedrich Wilhelm. (Iii.)
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
92
er bereits außerordentlicher Professor an der Universität zu Gießen.
Hier schuf er das erste Musterlabsratorium und erteilte den ersten
systematischen chemischen Unterricht. In Gießen beschäftigte sich der
junge Forscher hauptsächlich mit der Auflösung (Analyse) organischer
Körper; er entdeckte die Cyansäure, die Apselsäure, die Mandel-- und
Ameisensäure. Sehr wichtig für die Medizin war die Entdeckung des
Chlorals und des Chloralhydrats, jener beruhigenden und schlafbringen-
den, aber in ihrer Neben- und Nachwirkung oft gefährlichen Arzneimittel.
Aber auch die anorganische Chemie hat er wesentlich bereichert.
Ihm verdankt das Kunstgewerbe seine heutige Blüte; er war es, der
der Galvanoplastik neue Bahnen wies,, indem er unedle Metalle mit
edlen zu umfangen lehrte. Die gebräuchlichsten Methoden der Ver-
nickelung, Versilberung, Vergoldung:c. verdanken ihm ihre Entstehung.
Noch größere Verdienste hat sich Liebig um die Förderung der
Landwirtschaft erworben. Er erforschte zunächst chemisch den Lebens-
prozeß der Pflanze, legte den Prozeß der Düngung in seinen einzelnen
Phasen fest und schuf neue Gesichtspunkte für einen erfolgreichett
Ackerbau, indem er die künstliche Düngung einführte. Durch seine
Forschungen war er zu der Überzeugung gekommen, daß die Pflanze
ihre Nährstoffe zum Teil der Lust, zum Teil dem Boden entnimmt.
Dadurch muß, folgerte er weiter, der Boden immer ärmer an Pflanzen
Nährstoffen werden, und es ist daher Zweck der Düngung einzig und
allein, dein Boden die durch die Pflanzen entzogenen Stoffe wieder
zuzuführen, Tatsachen, die heute zwar jedermann geläufig sind, damals
aber noch völlig unbekannt waren. Liebig fand, daß die dem Boden
durch die Pflanzet! entführten Stosse die sogen. Mineral- oder Aschen
bestandteile sind. War diese Ansicht richtig, so mußten sich diese
Bestandteile nicht mir durch tierischen Dünger, sondern auch durch auf
chemischem Wege hergestellte, entsprechend zusammengesetzte Verbindungen
wieder dem Boden zurückgeben lassen. Es galt nun, die Richtigkeit
dieser Theorie durch praktische Versuche zu beweisen. Am Saume
eines Waldes bei Gießen dehnte sich eine kahle, unfruchtbare Saud-
wüste aus. Dort war es, wo Liebig seine ersten, für die ganze
Menschheit so bedeutungsvollen Versuche anstellte. Es gelang ihm,
innerhalb weniger Sommer durch ausschließliche Anwendung seiner
künstlichen Dünger diese Sandwüfte in einen blühenden Garten zu
verwandeln. Durch diese Versuche wurde die Landwirtschaft in die
Reihe der Wissenschaften gehoben und eine neue chemische Industrie,
die Industrie der Kunstdünger, geschaffen. - Ähnlich wie die Vorgänge
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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121
waren, wandte er sich nach Preußen und trat mit etwa 22 Jahren
als Unterleutnant in einen neuen Wirkungskreis, in dem er die höch-
sten Ehrenstufen erklimmen sollte. Zunächst beschäftigte er sich in den
folgenden Jahren eingehend und eifrig mit militärwissenschaftlichen
und geschichtlichen Studien. Seit 1832 Mitglied des großen General-
ftabes, hielt er sich von 1835 bis 1839 im Orient auf und veröffentlichte
darüber seine gehaltvollen „Briese über Zustände und Begebenheiten
in der Türkei." Im Jahre 1855 wurde Moltke persönlicher Adjutant
des spätern Kaisers Friedrich Iii. und begleitete ihn auf seinen Reisen
nach Rußland, London, Paris und Italien. Als der nachmalige
König Wilhelm I. für seinen erkrankten Bruder die Regentschaft über-
nahm, ernannte er Moltke zürn Chef des Generalstabes. Mit großer
Umsicht und scharfer militärischer Berechnung leitete er derr dänischen
und österreichischen Krieg. Die allgenreinste Bewunderung erwarb sich
der „große Schweiger", der wortkarge, besonnene Denker irr dem
deutsch-französischen Kriege, in dem er zum Feldurarschall errrarrrrt
wurde. Die Erfolge dieses Krieges waren derartig, daß die staunende
Welt sie kaum zu fassen vermochte; Moltke aber blieb rrach wie vor-
der einfache, bescheiden von sich selbst denkende Mann: „Ich habe
meine Pflicht getan, nichts weiter!" hörte man ihn oftmals sagen.
In den folgenden Friedensjahren hat der Graf alle seine Kräfte
ebenfalls in den Dienst des Vaterlandes gestellt, getreu seinem Wahl-
spruch: „Allzeit treu bereit für des Reiches Herrlichkeit!" Zugleich
mit dem Grafen von Waldersee leitete er die Geschäfte des General-
stabes bis zum Jahre 1888. Als der greise Feldherr, der fünf Hohen-
zollernschen Fürsten treu gedient hatte, sich endlich nach Ruhe sehnte,
bewilligte ihm Kaiser Wilhelm Ii. dankbaren Herzens den Abschied,
übertrug ihm aber den ehrenden Vorsitz in der Kommission der Landes-
verteidigung.
Am 24. April 1891 machte ein sanfter Tod diesem ruhmvollen
Leben ein Ende; in der Gruft im stillen Park von Kreisau bei
Schweidnitz in Schlesien ruht der stille Denker an der Seite seiner
Gattin. Nach Schröder u. u.
24. Die Steuern.
Für die Veranstaltungen, die der Staat zum Wohle seiner Bürger
trifft, sind bedeutende Geldmittel erforderlich. Diese werden teils als
Steuern direkt nach der Höhe des Besitzes oder Einkommens des
einzelnen bemessen, teils als Zölle, Stempelsteuern u. s. w. indirekt
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Iii Friedrich Wilhelm_I. Moltke Wilhelm Schröder
Extrahierte Ortsnamen: London Paris Italien Kreisau Schweidnitz Schlesien
70
Adels, gegen Leibeigenschaft, Fronden und Zehnten war ein langer,
aber siegreicher; die französische Revolution von 1 ?89 rüttelte die
Völker auf und schuf die Menschenrechte; das 18. Jahrhundert brachte
Deutschland seinen „Vater der Landwirtschaft", Albrecht Thaer, der
den Schlendrian im Bauernwesen angriff, die alte Brachwirtschaft,
die seit Karl d. Gr. so ziemlich die gleiche geblieben war, verdrängte,
wissenschaftliche Grundsätze zur praktischen Geltung brachte, landwirt-
schaftliche Bildung verbreitete und nicht ruhte, bis das Gesetz den
freien Bauern auf freien Boden gestellt. Zu gleicher Zeit wirkte als
ausgezeichneter Landwirt in Österreich Schubert, der Edle voll Kleefeld,
welchen der bauernfreundliche Kaiser Joseph ll. adelte. Er führte den
Kunstfutterbau (Kleebau) und die Stallfütterung ein. Eine reiche
landwirtschaftliche Litteratur führte die großen Fortschritte der englischen
und belgischen Landwirtschaft vor Augen, und zahlreiche Lehranstalten
und Musterwirtschaften führten eine gehobene Landwirtschaft herbei.
Voll besonderer Wichtigkeit wurde dann die Einführung neuer
Pflanzen, wie Kartoffeln, Luzerne, Klee, Esparsette, Runkeln, die nach
den Grundsätzen der Pstanzenernährungslehre eine Wechselwirtschaft
ermöglichten.
Von durchschlagendem Erfolge wurde die neue Düngerlehre nach
Liebigs Bodenchemie, welche die Notwendigkeit der Mineraldüngung
begründete, was eine große Bereicherung des Bodens mit Kali oder
Phosphorsäure zur Folge hatte, von welchen zwei Stoffen die Ernten
wesentlich abhängen.
An den großen Fortschritten der neuern Landwirtschaft gebührt
den Versuchsstationen und Lehranstalten das größte Verdienst. Die
Herbeiziehung der naturwissenschaftlichen Gesetze auf die Technik der
Geräte und Maschinen, sowie auf die Pflanzen- und Tierproduktions-
lehre erwies sich von reichem Segen. Dazu kommt die Erleichterung
im Verkehr, die gesetzgeberischen Maßnahmen, der Austausch in
Handelspflanzen, die Vereinigung technischer Gewerbe mit der
Landwirtschaft (Bier-, Sprit-, Öl-, Zuckerfabrikation), die Er-
zeugung und der Handel von chemischen Düngemitteln, das
Genossenschaftswesen.
Die Landwirtschaft war nach diesen Verbesserungen der Mittel-
punkt der Volkswirtschaft geworden, und wohl dem Staate, der durch
weise Einrichtungen die Produktionskraft des Bodens zu steigern
trachtet und in einem glücklichen, gebildeten Bauernstande seine stärkste
Stütze sucht! S. Engel.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_Thaer Albrecht Karl_d Karl Schubert Joseph_ll Liebigs_Bodenchemie
Hrsg.: Polack, Friedrich, Stier, K., Krämer, J. B., Schreiber, B., Rockstroh, J.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): Jungen
34
I. Der Bauernstand sonst und jetzt.
in Acht und Bann, des gebeugten Vaterlandes ungebeugter Sohn, in
Kampf und Sieg Deutschlands Mitbefreier!" Sein Freund E. M. Arndt
nannte ihn des Rechtes Grundstein, der Deutschen Edelstein, des
Feindes Eckstein.
Was Friedrich Wilhelm Iii. und seine Vorgänger zur Befreiung
und Hebung des Bauernstandes angefangen, das haben seine Nach-
folger mit Liebe und Sorgfalt fortgesetzt durch weise Gesetze und
wohltätige Einrichtungen. Die Flurseparationen, die landwirtschaft-
lichen Schulen, Ausstellungen und Vereine, die neuen Maschinen, die
künstliche Düngung und veränderte Frnchtfolge, die Versicherungen
gegen Feuersgefahr, Hagelschlag und Viehsterben u. v. a. haben den
Landbau und den Bauernstand mächtig gehoben und vorwärts gebracht.
Immer gaben die Fürsten entweder den Anstoß zu Verbesserungen
und Fortschritten, oder sie hatten dafür Verständnis, ein warmes Herz
und eine hilfreiche Hand. So sind die Hohenzollern nicht nur die
tapferen Gründer des preußischen Staates, sondern auch die unermüd-
lichen Erzieher und Beglücker ihrer Untertanen geworden.
Nach Polacks „Geschichtsbildern" und „Erstem Geschichtsbuche".
15. Johann Christian Lchubart von Kleefeld.
Wenn ein Mann aus den unteren Klassen der bürgerlichen
Gesellschaft sich durch eigens Kraft nach mutigem Ringen mit den
mannigfachen Widerwärtigkeiten des Lebens auf einen hohen Rang
emporschwingt, so verdient er unsere Beachtung; und wenn dann sein
Wirken derartig ist, daß die gesegneten Folgen sich noch nach Jahr-
zehnten merken lassen, so gesellt sich zu der Beachtung noch Wertschätzung
und Ehrerbietung. Johann Christian Schubart von Kleefeld
war solch ein Mann. Er war am 24. Februar 1734 zu Zeitz ge-
boren, wo seine Eltern sich von der Bewirtschaftung eines kleinen
ländlichen Gutes nährten. Seine Jugendjahre verbrachte Schubart in
ländlicher Umgebung. Er hatte als Knabe schon eine vorzügliche Auf-
fassungsgabe, beobachtete fleißig in Flur und Feld, gab auf alle Ge-
schäfte wohl acht und zeichnete sich dadurch vor vielen seiner Jugend-
genossen aus. Da sein Vater neben der Landwirtschaft auch die
Leinweberei betrieb, so erlernte Schubart auch dieses Handwerk. In
seinen Freistunden übte er sich im Schreiben und erlangte so eine
schöne Handschrift, suchte sich auch nützliche Bücher zu verschaffen und
seine Schulkenntnisse zu vervollkommnen und zu erweitern. Der dortige
Amtmann fand Gefallen an dem strebsamen Jüngling und nahm ihn
als Schreiber in seinen Dienst. Als solcher hatte Schubart viel mit
der Landwirtschaft des Amtmanns zu tun und erhielt manchen Wink
über einen zweckmäßigen Bodenanbau. Daneben las er viele gute
Schriften, die er überall aufzufinden wußte. Nach einiger Zeit kam er
als Haushofmeister zu dem kursächsischen Gesandten am Wiener Hofe.
Hier öffnete sich ihm ein weites Feld für seine weitere Bildung und
Tätigkeit. Er machte Bekanntschaft mit ausgezeichneten Männern,
arbeitete mit rastlosem Eifer und tat viel Gutes. Durch seine außer-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
Extrahierte Personennamen: Arndt Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Johann_Christian_Lchubart_von_Kleefeld Johann Johann_Christian_Schubart_von_Kleefeld Johann Schubart Schubart Schubart
Hrsg.: Polack, Friedrich, Stier, K., Krämer, J. B., Schreiber, B., Rockstroh, J.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): Jungen
I. Der Bauernstand sonst und jetzt-
35
ordentliche Tätigkeit, Umsicht und Geschäftsgewandtheit sammelte sich
Schubart einiges Vermögen, so daß er sich das Rittergut Würchwitz
bei Zeitz und später noch zwei andere Güter kaufen konnte. Was er
in seinem früheren Wirkungskreis beobachtet hatte, nahm er hier wieder
auf, und fortan lebte er nur für Verbesserung der Landwirtschaft,
deren Reformator er genannt werden kann.
Nach der damaligen Dreifelderwirtschaft lag ein Drittel der Felder
als Brache unbenutzt, weil man der Ansicht war, die Ruhe erhöhe die
Kräfte und ersetze den Dünger. Schubart führte die Bebauung der
Brache mit Klee und anderen Futtergewächsen ein. Das gewonnene
Futter setzte ihn in den Stand, den Viehbestand zu erhöhen und die
Stallfütterung anzuwenden. Dadurch wurde der Dünger vermehrt,
und durch eine bessere Düngung des Ackerfeldes wurde letzteres trag-
fähiger gemacht. Dies war ein Fortschritt von großer Tragweite,
maßgebend für unsere ganze heutige landwirtschaftliche Entwickelung.
Im Jahre 1782 beantwortete Schubart die von der Berliner
Akademie der Wissenschaften aufgestellten Fragen über den Anbau der
Futterkräuter. Er gewann damit den ausgesetzten Preis von fünfzig
Dukaten und begründete hierdurch seinen Ruf als landwirtschaftlicher
Schriftsteller. Seine Preisschrist ließ er unter dem Titel: „Zuruf an
alle Bauern, welche Futtermangel leiden", unentgeltlich verteilen. Sie
fand schnell Verbreitung und Beifall, und die Zahl seiner Freunde und
Anhänger wuchs von den Bauern hinauf bis zum Fürsten. Seine
Grundsätze wirkten bessernd und fördernd auf die Landwirtschaft.
Schubart legte durch seinen Kleebau den Grundstein zur Wohlfahrt
der Bauern, weshalb er auch 1784 unter Beilegung des Namens
„Edler von Kleefeld" vom Kaiser Joseph Ii. in den Adelstand er-
hoben wurde.
Rastlos war Schubart bis an das Ende seines Lebens bemüht,
Gutes zu stiften. Er starb, reich an Titeln und Ehren, am
23. April 1787.
Nach I. Loeser u. A. Richter aus dem Lesebuche von Ehrecke u. Hammermaun.
16. Albrecht Daniel Thaer.
Albrecht Daniel Thaer, der Begründer der neueren Landwirtschaft,
wurde am 14. Mai 1752 als ältester Sohn des kurfürstlichen Leib-
arztes Friedrich Thaer zu Celle in Hannover geboren. Da er in
seiner Kindheit kränklich war, erhielt er den ersten Unterricht durch
Hauslehrer und trat erst mit dem 13. Lebensjahre in die Schule. In
ihr entwickelte er sich anfangs langsam, dann aber so schnell, daß er,
erst 18 Jahre alt, die Universität Göttingen bezog und mit dem besten
Erfolge Medizin studierte. Nach glänzend bestandener Prüfung kehrte
er als Arzt nach Celle zurück, fand zwar zuerst wenig Verständnis,
wurde aber dann ein sehr gesuchter Arzt, schon 1778 zum Sladt-
phpsikus und 1780 zum kurfürstlichen Leibarzte ernannt und verheiratete
sich 17 86 mit Philippine von Willich, die er aus schwerer Krankheit
gerettet hatte.
3*
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk]]
Extrahierte Personennamen: Schubart Schubart Schubart Schubart Joseph_Ii Schubart Albrecht_Daniel_Thaer Albrecht Albrecht_Daniel_Thaer Albrecht Friedrich_Thaer Friedrich Philippine_von_Willich
Extrahierte Ortsnamen: Zeitz Ehrecke Hannover Celle
Hrsg.: Polack, Friedrich, Stier, K., Krämer, J. B., Schreiber, B., Rockstroh, J.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Geschlecht (WdK): Jungen
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I- Der Bauernstand sonst und jetzt-
Als Blumenfreund beschäftigte er sich, um seine durch den ärzt-
lichen Berus geschwächten Nerven zu stärken, in den Mußestunden mit
Blumenzucht, namentlich mit dem Verändern der Nelken und Aurikeln,
um schönere Spielarten hervorzubringen. Diese Beschäftigung führte
ihn mehr und mehr zum Nachdenken über die Natur und die richtige
Behandlung der Pflanzen und über die Mängel des landwirtschaft-
lichen Betriebes in seiner Umgebung. Er sah, daß die Landwirte
keine Kenntnis des Bodens und seiner Bestandteile besaßen, von dem
Bau ttnd den Bedürfnissen der Pflanzen nichts wußten und die alte
Zwei- und Dreifelderwirtschaft trotz der elenden Erträge gedankenlos
weiter trieben. Bei dem weiteren Nachdenken über diese Mängel
erkannte er aber auch, daß die schweren Lasten und Gerechtsamen
aller Art, die an Grund und Boden hafteten, die Landwirtschaft zu
einem so armseligen Gewerbe machten und die Verbesserung derselben
hinderten.
Da sein Nerverleiden auch weiterhin ihn zur Beschäftigung mit
ländlichen Arbeiten nötigte und die Landwirtschaft ihn immer mehr
anzog, so kaufte er, um seine Erfahrungen in größerem Maßstabe zu
prüfen und zum Nutzen der Landwirtschaft zu verwerten, einen Garten
vor der Stadt mit etwas Acker, der aber zumeist aus dürrem Flugsand-
boden bestand, und stellte hier in der Zeit, die sein ärztlicher Beruf
ihm frei ließ, größere Versuche an. Nach und nach dehnte er seine
Wirtschaft bis auf 120 Morgen aus, baute die nötigen Wirtschafts-
gebäude, richtete sie zweckmäßig ein und verlebte hier den ganzen
Sommer, während er den Winter seiner ärztlichen Praxis wegen in
der Stadt zubrachte. Er führte manche Neuerung ein, namentlich
machte er den Versuch, die Brache zu verdrängen. Die Bauern
meinten freilich, „der Doktor" werde sein Feld schnell genug aus-
gemergelt haben. Er ließ sich aber nicht beirren, verbesserte durch
zweckmäßige Bearbeitung seinen Boden und erzielte, wenn auch ver-
schiedene Versuche mißlangen, durch angemessenen Fruchtwechsel, durch
den Anbau der Futterkräuter statt der Brache und durch kräftige
Düngung, welche ihm durch die Stallfütterung möglich gemacht wurde,
fast doppelte Erträge.
Seine eigenen Beobachtungen und Erfahrungen prüfte, sichtete und
erweiterte er durch eifriges Studium der Naturwissenschaften und
namentlich der Schriften der vorgeschrittenen englischen Landwirte und
gab, als er durch Erfahrung und Wissenschaft seine Überzeugung fest
gegründet hatte, seine erste landwirtschaftliche Schrift: „Unterricht über
den Kleebau und die Stallfütterung in Fragen und Antworten für den
Lüneburgischen Landwirt", die er als Mitglied der landwirtschaftlichen
Gesellschaft zu Celle verfaßte, heraus. Mit Eifer förderte er den
Kartoffelbau, der bisher erst in Gärten und nur in geringem Umfange
auf dem Acker betrieben wurde, und bewahrte so, da sein Beispiel
Nachahmung fand, ganze Landschaften in den folgenden Kriegsjahren
vor Hungersnot. In verständiger Weise machte er dabei darauf auf-
merksam, daß nicht jeder Boden jede Futterart trage, verglich darum
einen Landwirt, der alles baue, einem Schneider, der auch seine Schuhe
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk]]